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Montag, 20. Dezember 2021

Hass im Internet

Auf andere Art als Jan Böhmermann, aber nicht weniger eindrucksvoll beschäftigen sich zwei Dokumentationen mit dem Thema.

ARD-Dokumentation "Hass im Internet" 

Die Dokumentation des preisgekrönten Journalisten Klaus Scherer – Hass im Netz ist bis Ende 2022 in der Mediathek zu sehen.
Der Hass im Internet hat während der Corona-Pandemie deutlich zugenommen und wird immer militanter. Zwar gibt es mehr Gesetze und Personal, dennoch gib es Probleme bei der Staatsverfolgung.

Nachsichtige Richter

Ein ist eschreckend, welche Beleidigungen und Bedrohungen nicht strafbar sind. So kam ein Hetzer davon, der über einen Arzt, der das Impfen empfohlen hat, geschrieben hat: „Dem gehört eine Kugel ins Hirn“. Selbst der Anwalt hatte wie die Staatsanwaltschaft für eine Strafe plädiert, der Richter entschied dagegen.

Fehlende Unterstützung der Abgeordneten

Die Strafverfolger beklagen außerdem die mangelnde Unterstützung bei Beleidigungsverfahren. Häufig lehnen die beleidigten Personen eine Anzeige ab, den Ermittlern sind dadurch die Hände gebunden. Im Film wird von Wolfgang Schäuble berichtet, dessen „Nicht mal ignorieren“-Einstellung zwar nachvollziehbar ist, das vom Bundestag beschlossenen Netzwerkdurchsetzungsgesetz dadurch schwächt.

Fortschritte bei der Bekämpfung von Hass 

Aber es gibt Hoffnung. In der Dokumentation wird gezeigt, wie durch konsequentes Einschreiten zumindest einige Verbreiter von Hass nachdenklich geworden sind. Auch Gerichte haben in einigen Fällen weniger großzügig entschieden. Die Dresdner Staatsanwältin Nicole Geisler fasst es zusammen: Tatsächlich glauben viele Menschen noch immer, dass sie im Internet in einem rechtsfreien Raum unterwegs sind – das ist ein Trugschluss“.

Interview mit Klaus Schwerer

In einem Interview berichtet Klaus Scherer über die Dreharbeiten:


Kampf um die Wahrheit 

Im Rahmen der ZDF-Dokureihe Schattenwelten geht es um den Kampf um die Wahrheit:
Die öffentliche Meinung wird immer mehr polarisiert, gesteuert von Staaten und Konzernen – unter der Oberfläche des Sichtbaren.

Facebook, Twitter und Co als Propagandamaschinen

Facebook, YouTube, Twitter und Co. sind zu den größten Propagandamaschinen der Geschichte geworden – sie erreichen Milliarden von Menschen. Sie haben mehr Macht und Einfluss als jede andere Organisation in der Geschichte, das macht sie auch zur Gefahr.
Dabei hat alles mit viel Hoffnung angefangen: Die sozialen Medien sollten der Verbreitung der Wahrheit dienen, beim Arabischen Frühling wurde die Idee von Demokratie und Freiheit verbreitet. Davon ist nichts mehr übriggeblieben – im Gegenteil verbreiten sich Hass und Falschinformation schneller.

Immer mehr Internetblasen

Es entstehen immer mehr Blasen, in denen Hass ausgetauscht und schnell verbreitet wird. Die Autoren gehen davon aus, dass rund ein Drittel der Facebook-Gruppen rassistische und populistische Inhalte verbreiten. Während der Corona-Pandemie erreichen Querdenker und Impfgegner wesentlich mehr Menschen als seriöse Quelle. Untersuchen zeigen, dass zwölf Influencer für rund zwei Drittel der Falschmeldungen über das Impfen verantwortlich sind.

Propaganda von unterschiedlichen Seiten

Die Dokumentation zeigt unterschiedliche Beispiele erfolgreicher Propaganda: Die populistische 5-Sternen-Bewegung in Italien, der Brexit gehört ebenso dazu wie Russland und China, die von staatlicher Seite gezielt Einfluss nehmen. Hier wird die eigene Bevölkerung längst mit Lügen kontrolliert – und ein wirksames Korrektiv fehlt.

Vorsprung der „Beeinflussungsindustrie“?

Die Autoren der Dokumentation sind skeptisch, ob die Polarisierung noch gestoppt werden kann, da der Vorsprung der "Beeinflussungsindustrie" enorm ist.
Aber nicht nur der Staat könnte etwas tun, auch gesellschaftliche Akteure können etwas erreichen

Freitag, 17. Dezember 2021

Wie Facebook weltweit Demokratien zerstört

Jan Böhmermann hat in seiner Sendung ZDF Magazin Royale schon einige Skandale aufgezeigt. Durch akribische Recherchearbeit hat er Missstände der EU-Flüchtlingspolitik, von Hartz IV oder Österreichs Kanzler Sebastian Kurz aufgedeckt. Mit einem Bericht über Facebook hat er aber vielleicht sein Meisterstück abgeliefert.

Wie Facebook weltweit Demokratien zerstört

Facebook gefährdet die Gesundheit von Menschen, Facebook ist mitverantwortlich für Hass, Hetze, Suizide, Versklavung und Völkermorde.
Akribisch listet auf, was Facebook so treibt, um höhere Werbeeinnahmen zu erzielen. Die Vorwürfe stehen auch auf der Seite Enteignet Facebook

  • Myanmar: Die Vereinten Nationen machen Facebook für die Vertreibung hunderttausender Angehöriger der muslimischen Minderheit der Rohingya aus Myanmar mitverantwortlich
  • Saudi-Arabien: Menschenhändler bieten Frauen über Instagram zum Verkauf an
  • Afghanistan: Viele Afghan:innen konnten Hatespeech nicht in ihrer eigenen Sprache melden
  • Russland: Facebook wurde für eine prorussische Desinformationskampagne benutzt
  • Brasilien: Jair Bolsonaro profitierte von systematischen Fake News auf der wichtigsten Kommunikationsplattform des Landes: WhatsApp


Enteignet Facebook

Es lässt sich drüber streiten, ob Böhmermanns Forderung, Facebook zu enteignen richtig ist, eine deutlich stärkere Kontrolle ist aber sicher angebracht.
Schön auf jeden Fall das Lied am Ende der Sendung, die Sie über die Mediathek
Oder YouTube sehen können:

Freitag, 10. Dezember 2021

Koalitionsvertrag - Gesellschaft

In gesellschaftlichen Fragen sind die größten Veränderungen zu erwarten. Die ZEIT nannte die Pläne gar eine rot-grün-gelbe Revolutionen. In der Tat sind sich die Koalitionäre in diesem Punkt näher als in anderen Bereichen, außerdem kosten die Reformen nicht viel bzw. sollen sogar Geld einbringen, wie die Legalisierung von Cannabis.

Reformen im Familienrecht

Umfangreiche Änderungen sind im Familienrecht geplant. Die Anerkennung der Elternschaft bei homosexuellen Paaren soll erleichtert werden, in einer „Verantwortungsgemeinschaft“ sollen sich auch Menschen jenseits von Liebesbeziehungen einen rechtlichen Rahmen bieten.
Überfällig ist auch die Abschaffung des §219, der eine Werbeverbot für Abtreibungen beinhaltet, faktisch den Ärzten aber jegliche Information verboten hat.

Entkriminalisierung Cannabis

In der Drogenpolitik zeichnet sich ebenfalls eine große Änderung ab. Cannabis soll zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften abgegeben wird. Die Ampel-Koalitionäre erhoffen sich dadurch eine Sicherung der Qualität, eine Austrocknung des Schwarzmarkts und nicht zuletzt mehr Steuereinnahmen.

Wahlrecht ab 16

Noch für viel Diskussionen dürfte auch die Forderung führen, Wählen ab 16 zu ermöglichen. Unumstritten hingegen, dass das Wahlrecht überarbeitet werden muss, um die hohe Anzahl an Überhangs- und Ausgleichmandaten deutlich zu reduzieren.

Sonntag, 28. November 2021

Gesellschaftliche Spaltung

Zwei Artikel beschäftigen sich mit der gesellschaftlichen Spaltung und der Frage der Verantwortung: 

Von wegen Zusammenhalt

Christian Stöcker findet in seiner Kolumne im SPIEGEL deutliche Worte gegen Impfverweigerer: Vergesst den Zusammenhalt. Er zitiert aus Briefen, die er in letzter Zeit erhalten hat: Mordaufrufe, Vergleiche mit Nazis, während sich die Impfgegner mit den Opfern des Holocausts gleichsetzen. Einige haben den Boden gemeinsamer Werte längst verlassen.

Verblendeten nicht entgegenkommen

Stöcker fragt zurecht, warum man diesen Extremen entgegenkommen sollte. Niemand der sich gegen Sexismus oder Rassismus einsetzt, würde man vorwerfen, dass er durch seine Haltung die Gesellschaft spaltet. „Das Leid etwa von Schulkindern, Eltern, Studierenden, Pflegekräften, Intensivmedizinerinnen und -medizinern war bislang offenbar weniger wichtig als der »Zusammenhalt«.

Zusammenhalt trotz Stümperei

Trotz der zahlreichen Fehler der Regierung hat der größte Teil der Bevölkerung eine enorme Bereitschaft zum Zusammenhalt bewiesen. Gesellschaftliche Konflikte zu ignorieren, um den »Zusammenhalt« nicht zu gefährden, hilft in einer Demokratie nicht weiter.

Die Zeit der Rücksicht ist vorbei

Ähnlich argumentiert der Volksverpetzter „Die Gesellschaft ist längst gespalten", die Zeit für Rücksicht ist vorbei.“ Sie beziehen sich auf Umfragen unter Ungeimpften, derzufolge zwei Drittel die AfD oder die Querdenkerpartei „Die Basis“ wählen: "Wer jetzt noch diskutiert, reicht den Faschisten die Hand. Sie fordern „Freiheit und Toleranz muss Grenzen haben, sonst zerstören sie sich selbst“.

Heißt "Freiheit" nur noch "Ich will"?

Gustav Seibt beschäftigt sich in der Süddeutschen Zeitung mit dem Versagen der Politik bei der Bekämpfung der vierten Welle. Bereits Anfang September hat Christian Drosten darauf hingewiesen, dass im Herbst wieder Kontaktbeschränkungen nötig seien – weil die Verbreitung der Delta-Variante hoch und die Impfquote niedrig ist. Passiert ist nichts. Begründet wurde dies mit der drohenden Spaltung der Gesellschaft begründet. Dabei ist es eine lautstarke Minderheit, die mit „Falschinformationen. Selbstmitleid, Narzissmus, apokalyptischen Ängsten und Gewaltdrohungen eine Mehrheit einschüchtern".

Kindischer Trotz als Freiheit

Auch die Begründung der persönlichen Freiheit des Indiums hält Seibt für nicht überzeugend, da der Einschränkung die Rechte der Gemeinschaft gegenüberstehen: Ohne öffentlichen Ordnung in Recht und Staat wäre kein Individuum mehr als ein paar Tage überlebensfähig.

Freiheit auf „Ich will“ reduziert

Seubst sieht das geistige Debakel der des Liberalismus, das auf "Ich will oder Ich will nicht" reduziert wird. „Kindischer Trotz als Freiheit – so Tief sind Teile des politischen Liberalismus gesunken. Es ist ein Freiheitsbegriff, der nur in Abwehr besteht und nichts Positives mehr will. Es ist vor allem Aufgabe der FDP Wege der Pandemiebekämpfung zwischen falschem Radikalindividualismus und der Verleugnung gesellschaftlicher Konflikte findet.


Montag, 25. Oktober 2021

Durch Corona - Rückzung ins Private?

Manuel Schmidgall analysiert in einem Artikel in der ZEIT die viel diskutierte „neue Normalität“ nach 20 Monaten Corona-Pandemie.  Er beschreibt die Ergebnisse, die das Rheingold-Institut im Auftrag der Identity Foundation erhoben hat. 

Optimismus beim eigenen Leben

Einerseits sind die Menschen mit ihrer privaten Situation überaus zufrieden: 67 Prozent sagen, Deutschland biete nach wie vor gute Voraussetzungen für die eigene Lebensgestaltung. 64 Prozent sind der Meinung, dass sich ihr eigenes Leben in den nächsten Jahren positiv oder sehr positiv entwickeln wird.

Angst um den gesellschaftlichen Zusammenhalt

Doch diesem privaten Optimismus steht ein Pessimismus entgegen, wenn es um die Allgemeinheit, den Staat und die Gesellschaft geht. Der Umfrage zufolge macht einem großen Teil macht die gesellschaftliche Spaltung Angst. Die befragten beklagen, dass die Menschen nur noch auf sich schauen und Aggressivität und Respektlosigkeit zunehmen.

Hoffnungsschimmer neues Selbstbewusstsein

Die Studie gibt aber auch Grund zum Optimismus. Viele Menschen haben während der Pandemie auch ein neues Selbstbewusstsein dadurch erworben, dass sie ihren schwierigen Alltag mit neuen Strategien, einem intakten sozialen Netzwerk und Gemeinsinn bewältigten.

Montag, 27. September 2021

Kann der Staat Menschen zum Impfen zwingen?

In einem Artikel in der ZEIT analysiert Heinrich Wefing die Frage, ob der Staat Menschen zum Impfen zwingen kann.

Impfpflicht ist möglich

Juristisch ist die Frage klar: Impfpflichten gibt es in Deutschland seit mehr als 200 Jahren. 1807 wurde in Bayern die Pflicht zur Pockenschutzimpfung eingeführt, in der Bunderepublik 1983 wieder abgeschafft – weil die Impfkampagne erfolgreich war. Seit Anfang 2020 gibt es eine neue Impfpflicht gegen Masern für Kinder, Erzieher und Lehrer.
Politisch ist die Frage schwieriger, weil viele mitreden. Wefing fragt zurecht: Hätte man die Pocken jemals ausgerottet, hätte es damals schon Social Media gegeben?

Vorbild Frankreich?

In Frankreich sind die Impfzahlen angestiegen, nachdem Präsident Macron einen Impfzwang im Gesundheitswesen eingeführt und einen Impfpass im öffentlichen Leben verbindlich zu machen. Gleichzeitig stiegen aber die gesellschaftlichen Spannungen – ebenso in Frankreich.
Deshalb warnt Wefing davor, Menschen zu verlieren. Manche würden sich vielleicht durch direkten Zwang unsanft zum Impfen bewegen lassen. Aber viele dürften sich wohl endgültig ins Abseits geschoben fühlen – und dann dort unerreichbar sein.

Sanfte Stubser und dosierter Druck

Im Moment versuchen es die Regierenden mit einer Mischung. Durch Aufklärung und Anreize sollen bisher Nichtgeimpfte erreicht werden. Gleichzeitig steigt der Druck: Die Schnelltests werden im Oktober kostenpflichtig, außerdem wird die Teilnahme am öffentlichen Leben schwieriger – ob das reicht?

Donnerstag, 19. August 2021

Politik und Gesellschaft in Zeiten der Corona-Krise

Die Landeszentrale für politische Bildung hat in ihrer Reihe „Deutschland und Europa“ eine Broschüre zur den Folgen der Corona-Krise für Politik und zwei interessante Broschüren zu den Folgen der Corona-Krise veröffentlicht.

Politik und Gesellschaft in Zeiten der Corona-Krise

Im Heft werden verschiedene Aspekte thematisiert, u.a. die erheblichen Einschränkungen der Grundrechte und die Auswirkungen auf Demokratie, EU, Gesellschaft und unsere Schulen.
Über die Seite des Landeszentrale können Sie die Broschüre bestellen oder als PDF herunterladen
Die Broschüre hat folgende Artikel:

  • Folgen der Corona-Krise – Verzeihen allein wird nicht reichen - Ralf Engel
  • Corona-Krise als Herausforderung für den Rechtsstaat - Hans-Jürgen Papier-
  • Demokratie in unsicheren Zeiten: Ausnahmezustand als Dauerzustand? - Tamara Ehs
  • Die Corona-Krise – eine Chance für die EU? - Dirk Leuffen
  • Die Pandemie als große Verschwörung - Tim Schatto-Eckrodt, Svenja Boberg & Thorsten Quandt
  • Das Corona-Virus als der große Gleichmacher? Oder doch ein „Ungleichheitsvirus“? -Stefan Sell
  • Coronabedingte Schulschließungen und Bildungsgerechtigkeit - Ludger Wößmann und Larissa Zierow


Donnerstag, 13. Mai 2021

Impfprivilegien - Entscheidungen müssen her

Zwei ganz unterschiedliche Wege etwas Offensichtliches zu fordern: Die ZEIT und die Heute-Show fordern klare Regeln für Geimpfte und Genesene. Sie kritisieren, dass beim Treffen der Kanzlerin mit den Ministerpräsident*innen nicht viel herauskam.

Lockerung für Geimpfte und Genesene

Heinrich Wefing kritisiert in seinem Kommentar in ZEIT, dass es immer noch keine Entscheidungen für den Umgang mit Geimpften und Genesenen gibt, obwohl lange klar war, dass dieser Moment kommen wird. Grundrechte sind kein Privileg, auch wenn es kurzzeitig zu einer Ungleichbehandlung kommt.
Die Pandemie zeigt, wie wurstig das Verhältnis dieser Regierung zur Freiheit ist, wie taktisch und instrumentell.

Her mit dem digitalen Impfpass und Schluss mit der Impfbürokratie

Die Heute Show kritisiert das „Kaffeekränzchen“ bei Merkel und fordert zurecht den digitalen Impfpass und ein Ende der Impfbürokratie.

 

Freitag, 16. April 2021

Kinder in der Corona-Krise: Was Kinder jetzt brauchen

Sorgen von Kindern und Jugendliche werden in der Corona-Krise oft übersehen. Anna Mayr hat in der ZEIT einige Vorschläge, wie man das Leben junger Menschen verbessern könnte.

Lernen

Ob man sie „Lern-Buddys“, „Bildungslotsen“ oder „Mentorenprogramm“ nennt: Studierende können Schüler*innen beim Lernen helfen. Weitere Vorschläge sind hier die Verlängerung des Schuljahrs oder die Möglichkeit, freiwillig ein Jahr zu wiederholen. Interessant finde ich den Vorschlag, den Kindern Räume wie Kletterhallen, Kino- und Konzertsäle zugänglich zu machen.

Spaß

Auch in dieser Rubrik gibt es spannende Vorschläge: Würde der Bund Gutscheine für Zoos und Museen an Kinder ausgeben, die sich das normalerweise nicht leisten können, hätte man ein unkompliziertes Förderprogramm für diese Einrichtungen. Wichtig ist auch, dass die Kinder mal rauskommen, in der Hamburger Jugendhilfe heißt dies „früh einsetzende entwicklungsfördernde Hilfen“, d.h. Kuren für Kinder. Ebenso wichtig und notwendig die Idee, alle Möglichkeiten zu nutzen, damit Kinder schwimmen lernen – durch die geschlossenen Schwimmbäder gibt es auch hier Probleme.

Sicherheit

Sicherheit wird bei den Vorschlägen umfassend verstanden. Einerseits finanziell: Eine Kindersicherung könnte Armut verhindern. Die Gewalt ist während der Pandemie gestiegen – Jugendämter müssen auch in der Pandemie für Jugendliche da sein. Ein bereits vor der Pandemie drängendes Thema – die Schulsanierung – ist immer noch akut. Hier fordert die Autorin, die Bürokratie zu überdenken.

Schulöffnungen reichen nicht

In manchen Kinderpsychiatrien gibt es keine Plätze mehr, Depressionen und Essstörungen nehmen zu. Es reicht aber nicht aus, Schulen zu öffnen, denn den Kindern fehlt der Begegnungsraum, das Soziale. Es ist deshalb wichtig, den Kindern das Leben zu erleichtern.
Selbst wenn die Pandemie irgendwann vorbeigeht, wäre es ja immer noch richtig, jetzt über diese Ideen weiter nachzudenken. Und Strukturen aufzubauen, die den Kindern auch noch in den kommenden Jahren guttun werden.

Sonntag, 7. März 2021

Zukunftsszenarien für die Zeit nach Corona

Das Zukunftsinstitut wurde 1998 gegründet und hat die Trend- und Zukunftsforschung in Deutsch-land von Anfang an maßgeblich geprägt. Heute gilt das Institut als einer der einflussreichsten Think Tanks der europäischen Trend- und Zukunftsforschung und ist die zentrale Informations- und Inspirationsquelle für alle Entscheider und Weiterdenker.

Vier Zukunftsszenarien für die Post-Corona-Gesellschaft

Das Zukunftsinstitut hat 4 Szenarien entwickelt, die beschreiben, wie unsere Zukunft nach der Pandemie mittelfristig aussehen könnte. Über das Institut finden Sie weitere Informationen und können sich auch die Studie herunterladen. 
Die Szenarien sind anhand von zwei Achsen aufgeteilt.

  • Gelingen die Beziehungen innerhalb der Gesellschaft?
  • Ist die Welt lokal oder global verbunden.


Zu jedem dieser Videos gibt es ein Youtube-Video. Als unerschütterlicher Optimist habe ich das optimistische Video eingebettet, die anderen Videos erreichen Sie über die jeweiligen Links.

Szenario: Anpassung – die resiliente Gesellschaft

Die Welt lernt und geht gestärkt aus der Krise hervor. Wir passen uns besser den Gegebenheiten an und sind flexibler im Umgang mit Veränderung. Die Weltwirtschaft wächst zwar weiter, aber deutlich langsamer, mancherorts zeigt sich bereits Stagnation. Unternehmen in solchen Umfeldern brauchen neue Geschäftsmodelle und müssen unabhängiger vom Wachstum werden. Damit stellt sich automatisch die Sinnfrage nach dem Zweck des Wirtschaftens: Immer mehr Profit? Oder vielleicht doch bessere, sozial und ökologisch vorteilhaftere Problemlösungen für Kunden und andere Stakeholder? Eines ist klar: Das gemeinsame Überstehen der Krise verhilft zu einem neuen, achtsamen Umgang miteinander.



Szenario  Neo-Tribes – die Rückkehr ins Private

Nach der Corona-Krise hat sich die globalisierte Gesellschaft wieder stärker zurück zu lokalen Strukturen entwickelt. Es wird mehr Wert denn je auf regionale Erzeugnisse gelegt. Die Kartoffel vom Bauern nebenan ist die neue Avocado, an Poke Bowls im Szene-Lokal denkt niemand mehr. Die Rückbesinnung auf Familie und Haus und Hof hat Einzug gehalten. Kleine Gemeinschaften entstehen neu und verfestigen sich – immer in vorsichtiger Abgrenzung zu „den Anderen“. Nachhaltigkeit und Wir-Kultur sind wichtige Werte, die jedoch nur lokal gedacht werden, nicht global. Hier finden Sie das Video.

Szenario -  Die totale Isolation

Am Anfang war der Shutdown – und der Shutdown ist zur Normalität geworden. Es ist normal, beim Betreten der Metro den Chip im Handgelenk zu scannen oder sich vor dem ersten Date gegenseitig die Gesundheitsdaten zu schicken. Bei der Ausreise brauchen wir eine Genehmigung. Für Länder außerhalb der EU muss sogar ein langwieriges Visumverfahren durchlaufen werden. Handelsabkommen einzelner Staaten untereinander gewährleisten die Grundversorgung, aber auch nicht mehr. Wir leben gerne in der totalen Isolation. Hier finden Sie das Video.

Szenario - System-Crash

Das Virus hat die Welt ins Taumeln gebracht, und sie kommt nicht mehr heraus. Die Fokussierung auf nationale Interessen hat das Vertrauen in die globale Zusammenarbeit massiv erschüttert. Jede Nation ist sich selbst die Nächste. Die Sorge vor einer erneuten Pandemie macht jede noch so kleine lokale Verbreitung eines Virus zum Auslöser drastischer Maßnahmen, von Grenzschließungen bis zum Kampf um Klopapier und medizinische Geräte. An die internationale Zusammenarbeit glaubt kaum noch jemand. So wankt die Welt nervös in die Zukunft. Hier finden Sie das Video.

Donnerstag, 18. Februar 2021

Nichts ist wie es scheint - Michael Butter über Verschwörungstheorien

In der Reihe VHS Wissen live gab es im Dezember 2020 einen interessanten Vortrag von Michael Butter.
Michael Butter ist Professor für amerikanischen Literatur- und Kulturgeschichte an der Universität Tübingen. Er koordiniert ein europäisches Netzwerk zur Erforschung von Verschwörungstheorien, an dem über 150 Wissenschaftler*innen aus 36 Ländern und mehr als einem Dutzend Disziplinen beteiligt sind. Im März 2018 erschien in der Edition Suhrkamp „Nichts ist, wie es scheint: Über Verschwörungstheorien“.



Warum glauben Menschen an Verschwörungstheorien?

Verschwörungstheorien sind attraktiv und lindern Unsicherheit und Kontrollverlust. Sie identifizieren die Schuldigen und Optimismus: Man hat etwas verstanden, was andere nicht verstanden haben
 

Warum verbreiten Menschen Verschwörungstheorien

Hier beschreibt Butter verschiedene Motive

  • Aus Überzeugung: manche glauben sie müssen der Wahrheit ans Licht verhelfen
  • Aus politischen Zielen: Ungarns Ministerpräsident Orban nutzt die Erfindung des großen Bevölkerungsaustauschs um George Soros als Sündenbock darzustellen
  • Aus ökonomischen Gründen: Alex Jones, rechter Propagandist in den USA hat sich ein Medienimperium erschaffen

Verschwörungstheorien gab es schon immer

Butter zeigt auf, dass Verschwörungstheorien bis zum 14. Jahrhundert zurückgehen, oft waren Juden Opfer dieser Theorien.
Durch das Internet gab es einen sprunghaften Anstieg, denn sie werden sichtbarer „Die alternative Wahrheit ist nur eine Google-Suche entfernt“ Durch die gegenseitige Bestätigung und „Echokammern“ stabilisiert sich der Glaube

Verschwörungstheorien in der Corona-Krise

Die Corona-Krise erfüllt die Kriterien für den Erfolg von Verschwörungstheorien in idealer Weise. Es ist eine Gefahr, sie ist schwer zu verstehen und das bestimmende Thema. Mit Hilfe des Internets können sich die Theorien rasch verbreiten.
Oft werden diese Theorien von Menschen vertreten, die bereits zuvor Zweifel hatten oder anderen Theorien anhingen: Die Abschaffung des Bargelds, der Verlust von Bürgerrechten oder Bill Gates angebliches Ziel die Weltbevölkerung zu reduzieren.
Die Anhänger kommen aus unterschiedlichen Richtungen, auf einen Punkt können sie sich einigen: dass die offizielle Version falsch ist.

Dienstag, 5. Januar 2021

Eine Jahresbilanz - Gibt es eine Wende zum Besseren?

Mit dem letzten Beitrag dieses Jahres möchte ich etwas Optimismus verbreiten. Dabei verweise ich auf zwei Artikel von Henrik Müller, der mit seinen Beiträgen im SPIEGEL Hoffnung macht.

Eine Jahresbilanz – Wie das Virus die Welt veränderte

In seiner Jahresbilanz beschreibt Henrik Müller 2020 als das Jahr der Trendwenden. Die Coronakrise hat viel Wandel angestoßen – auch zum Besseren. Die Krise hat gezeigt, welchen konkreten kollektiven Gefahren die Menschheit ausgesetzt ist – für jeden direkt und persönlich spürbar. Müller nennt aber auch drei Punkte, die Hoffnung machen: 

Die Krise hat den Wert der Wissenschaft kraftvoll vor Augen geführt: 

Technologischer Fortschritt ist möglich und nützlich, so wurde in Rekordtempo ein Impfstoff entwickelt. 

Corona dämmt den Populismus ein

Donald Trump hätte ohne die Pandemie wohl sein Amt nicht verloren. Auch in anderen Ländern hat die Pandemie das Versagen eines Populismus, dem Fakten egal sind und schlechte Ergebnisse produziert.

Der Staat als Akteur der letzten Zuflucht ist zurück im Spiel

Der Staat ist wieder gefragt:  Staatliche Systeme retten Erkrankte, sichern Masken und Medikamente, unterstützen Arbeitslose, verhindern einen Totalabsturz der Wirtschaft, stellen Regeln für den zwischenmenschlichen Umgang in Phasen erhöhter Ansteckungsgefahr auf, bis hin zur Einschränkung von Grundrechten.
Die EU ist nicht zerfallen, sondern hat im Gegenteil am Ende des Jahres mit einem 750-Milliarden-Euro-Wiederaufbau-Fonds Handlungsfähigkeit bewiesen. Müllers Schlussfolgerung: "Warum sollten die Jahre ab 2021 nicht viel besser werden als 2020?"

Die Goldenen Zwanziger Jahre

In einem weiteren Beitrag sieht Henrik Müller in den kommenden Jahren sogar ein Jahrzehnt des Fortschritts.

Er verweist auf die Prognosen für die Nach-Corona-Zeit und nennt drei Faktoren für einen Auf-schwung:

  • Weniger Unsicherheit: Konsumenten und Unternehmen werden mehr Geld ausgeben
  • Mehr Freiraum: Die Hauptbetroffenen in Gastronomie, Kunst und Kultur, Tourismus werden vom Ende der Beschränkungen profitieren
  • Mehr staatliche Stützung: Viele Staaten haben mit viel Geld ihre Volkswirtschaften vor dem Kollaps gerettet – auch Joe Biden hat massive Ausgaben angekündigt, um sozial- und umweltpolitische Ziele zu erreichen

Fehler der 1920er vermeiden

Müller zieht Parallelen zu den 1920er Jahren als es in Deutschland nach dem 1. Weltkrieg bergauf ging. Diese Euphorie endete 1929 in einem gigantischen Crash und den 1930er Jahren mit bekanntem Ergebnis. Müller fragt zurecht: "Werden wir die Fehler von damals wiederholen? Wir können nie davor sicher sein."