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Samstag, 14. Oktober 2023

Das Gift, das bleibt: Vom Verfall der politischen Kultur

Hilmar Klute beklagt in der Süddeutschen Zeitung den Verfall der politischen Kultur: Ob im Bierzelt, im Parlament oder in den sozialen Medien: Überall schleicht sich gerade der Hass ein. Und das liegt längst nicht nur an der AfD.

AfD als Verbreiter von Gift

Im Wahlkampf gab es Gerüchte über einen Giftanschlag auf AfD-Sprecher Tina Chrupalla. Dies erwies sich als falsch. Umso mehr Gift ist in den Reden der AfD: Es ist das Gift der Lüge, der vorsätzlichen Falschinformation und der Diffamierung. Das Gift der Verächtlichmachung und der Verhöhnung demokratischer Ordnung. Es ist ein Gift, das sich als wirksamer gezeigt hat, als mancher es vor Kurzem noch glauben mochte. Sie sorgen für eine Zuspitzung der Begriffe von den „Systemparteien“ oder die angebliche „Umvolkung“ durch die Migration.

Die Lust an der Eskalation befeuert auch das autoritäre Denken

Diskussionen werden zunehmend über soziale Medien wie Twitter geführt. Hier gilt „Affekt statt komplizierter Gedanken“: Man kann Zitate aus Zusammenhängen herauskoppeln, vermeintlich verräterische Aussagen rot einkreisen und Aussagen anderer diskreditieren. Der Soziologe Wilhelm Heitmeyer sieht „durch das Einbringen autoritärer Elemente zu einem aggressiven, vergifteten Klima in der politischen Öffentlichkeit beitragen“.

Aus Gegnern werden Feinde, die zum Schweigen gebracht werden sollen

Den Gegner selbst mit den unlautersten Mitteln lächerlich zu machen, ist eine Taktik, mit der sich der Hass in bitteren Humor kleiden und windschnittiger machen lässt. Aber das Gift wirkt und wird weitergeleitet:
Aber nicht durch die AfD geht diesen Weg, sondern auch Publizisten wie Roland Tichy, der mit seiner eigenen Online-Publikation für permanenten Zorn sorgt. Hubert Aiwanger will die Demokratie zurückholen, Friedrich Merz sieht Berlin nicht als Teil von Deutschland: Die politische Sprache leitet das Gift der Verachtung und des Hasses in die Köpfe selbst einstmals christlich-liberal denkender Bürgerinnen und Bürger.

Warnende Worte durch Heinrich Mann

„Treibt man den Hass zu weit, fällt er zurück auf den Hasser und hält ihn besessen an Leib und Seele.“ schrieb Heinrich Mann bereits 1933. Er hoffte auf den Skeptizismus der Menschen, die sich die Tobenden zur Ordnung rufen. „Ein überspannter Hass ist nicht gesund und unwürdig deiner Intelligenz“. Klute ist skeptisch, ob dies heute noch wirken könne: Einen Satz wie diesen würde mancher heute vermutlich als „Gruß aus dem Elfenbeinturm“ seinen Followern hämisch zum Fraß vorwerfen.