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Freitag, 18. November 2022

Wo Armut beginnt

In einem Essay schreibt Mareice Kaiser in der Süddeutschen Zeitung über Armut und die Angst der Mittelschicht vor dem Abstieg. Die interessante These: Die Mittelschicht vor dem Abstieg zu bewahren, ist eines der wichtigsten Ziele der Regierung. Doch diese Politik verfestigt die soziale Ungleichheit. Daran wird auch das Bürgergeld nichts ändern.

Viele wollen zur Mittelschicht gehören

73 Prozent der Deutschen zählen sich selbst zur Mittelschicht, deutlich mehr als dies die Statistiken hergibt: „Alle wollen dabei sein, prekär lebende Menschen ebenso wie der Privatflugzeugbesitzer Friedrich Merz.“ Dies kann problematisch sein, denn wenn sich Menschen ihrer prekären Stellung nicht bewusst sind, fehlt auch ein Verständnis für strukturelle Ungleichheit

Eine Politik für die Mitte akzeptiert den größeren Abstand

Angesichts dieser Zahlen ist es nachvollziehbar, dass sich fast alle Parteien für die Mitte einsetzen wollen. Dies kann aber kontraproduktiv sein: Eine Politik, die sich auf die Mitte fokussiert, akzeptiert den immer größer werdenden Abstand zwischen unten und oben. Sie vergisst die 16 Prozent der Deutschen, die von Armut betroffen sind.
Ein Beispiel ist das 49 Euro-Ticket – für arme Menschen ist der Unterschied zum Neun-Euro-Ticket immens und in vielen Fällen nicht leistbar

Menschen helfen, die von Armut betroffen sind

Die Autorin fordert deshalb, nicht die Mittelschicht zu entlasten, sondern Menschen, die von Armut betroffen sind. Sie lobt Menschen wie Anni W. Die alleinerziehende Mutter und Twitter-Nutzerin hat den Hashtag #IchBinArmutsbetroffen gestartet. Er bringt Menschen in die Öffentlichkeit, die bisher von Medien und Politik vergessen wurden.
Die Schlussfolgerung: Es gibt mehrere Arten von Mitte – und es liegt an Politik und Gesellschaft, daran zu arbeiten, dass so wenig Menschen wie möglich an den Rändern verloren gehen. Wer eine stabile ökonomische Mitte will, muss Armut bekämpfen. Wer Armut bekämpfen will, muss deutlich mehr von den Reichen verlangen. Denn sie haben genug.