Lars Weisbrod sieht in der ZEIT das Ende der sozialen Medien.
Die Party ist schon längst zu Ende
Anhand von drei Meldungen zeigt der Autor, dass wie bei einer zu Ende gehenden Party noch viele da sind, die Stimmung aber nicht mehr da ist.
Viele seriöse und zahlungskräftige Anzeigenkunden meiden inzwischen den Kurnachrichtendienst X.
Der Algorithmus von Meta schlägt den Nutzern in Zukunft keine "politischen Inhalte" mehr vor, sofern die Nutzer nicht ausdrücklich zugestimmt haben.
Das US-amerikanische Marktforschungsinstitut Gartner schätzt, dass bis zum Jahr 2025 die Hälfte der Verbraucher ihren Social-Media-Konsum erheblich einschränken oder ganz aufgeben wird.
Der Reiz ist vorbei
Für viele jungen Menschen ist Facebook uninteressant geworden. Noch fehlen die Belege, aber viele haben das Bauchgefühl, dass der Reiz vorbei ist. Die Autoren zitieren einen Bericht im Economist, der argumentiert, dass die ganze Magie entstand, weil man persönliche Interaktionen kurzgeschlossen hatte mit massenmedialer Kommunikation. Dies zerfällt nun (wieder) – in seinen sozialen und seinen medialen Teil.
Veränderungen im Nutzerverhalten
Jüngere nutzen mittlerweile BeReal und kommunizieren mit ihren Freunden statt mit allen anderen Internetnutzern. Auch andere Nutzer ziehen sich in geschlossene WhatsApp-Gruppen zurück und zeigen ihre Status-Updates lieber im engen Kollegenkreis aus und nicht mehr mit der ganzen Welt.
Dies zeigt sich auch sprachlich. Facebook machte aus Freunden Follower, bei Apps wie BeReal trifft die Bezeichnung wieder zu.
Nicht mehr mit der ganzen Welt kommunizieren
Lange Zeit gab es den Traum mit der ganzen Welt zu kommunizieren. Twitter und Instagram wurden zu den Leitmedien der Zehnerjahre aufstiegen, zu den Prototypen dessen, was wir unter Social Media verstehen. Plötzlich hielten sich mehrere Milliarden Menschen für Prominente, für Experten, für Trendsetter." Dieser Trend ist nicht verschwunden: auch heute noch hört man von neuen TikTok-Stars, die aus ihren Kinderzimmern heraus ein Millionenpublikum erreichen. Die Rollen sind aber mittlerweile klar getrennt. Man nutzt die App entweder als Sender oder Empfänger; nur selten ist man beides zugleich.
Postsoziale Medien
Jeder bekommt weiterhin, was er vorher angeschaut haben. Das Teilen spielt aber keine große Rolle mehr. Soziale Medien waren einst darauf angewiesen, dass ich interagiere; nur dann konnten die Algorithmen wissen, was mir gefällt. Postsoziale Medien wissen, was mir gefällt, selbst wenn ich passiv bleibe. Es dreht sich mittlerweile nicht mehr um Freunde oder Follower, sondern um Mini-Videos, "mit denen Nutzer ihre überhitzten, verwirrten Gehirne ruhigstellen". Und wer das nicht will und echten Austausch bevorzugt, der zieht sich zurück in kleine, geschlossene Räume.
Kommt die nächste Wende?
Postsoziale Medien werden auf Dauer nicht die gleiche Kraft entfalten wie soziale Medien. Der Autor verweist auf eine weitere Entwicklung: Bibliotheken sind wieder belegt, ironischerweise auch durch das Stichwort BookTOk auf Tiktok
So finden die Jüngeren ihren Weg zurück in die Gutenberg-Galaxis. Als hätten die TikTok-Nutzer beschlossen: Wenn wir uns sowieso wieder in Sender und Empfänger spalten, oder, anders formuliert, in Autor und Leser, dann können wir gleich zurückkehren zum gedruckten Buch, das diese Unterscheidung einst begründete.