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Montag, 4. August 2025

Die junge Generation ist sensibel und klug

In einem Interview im SPIEGEL betont der Jugendforscher Klaus Hurrelmann: „Ich halte die junge Generation nicht für faul, sondern für sensibel und klug“. 

Junge Menschen werden in einer krisengeschüttelten Welt groß 

Studien zeigen, dass sich junge Menschen stark belastet fühlen – nicht erst seit der Coronapandemie. Der Anteil derjenigen, die therapeutische Hilfe benötigen, hat sich auf 20 % erhöht. Zwar mussten auch frühere Generationen mit Herausforderungen umgehen, wie z.B. durch die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl. Heute sehen sich jüngere Menschen aber vielen Krisen gegenüber. 
Durch digitale Kanäle wird jedes Ereignis verstärkt, dramatisiert und multipliziert. Fast ein Drittel der jungen Menschen haben keine Kontrolle über ihren Social-Media-Konsum. 

Sorgen um Krieg in Europa und Inflation 

Die Trendstudie „Jugend in Deutschland“ zeigt, dass mittlerweile der Krieg in Europa und die Inflation die größten Sorgen von Jugendlichen sind – nicht mehr der Klimawandel wie bei der letzten Studie vor fünf Jahren. Viele haben Angst, dass ihre Arbeit in zehn Jahren noch sicher ist und sie sich das Leben leisten können. Die steigenden Preise verstärken diesen Effekt. Daran ändert auch der Fachkräftemangel nichts, denn die Jungen werden viel Verantwortung stemmen müssen. 

Klimawandel kein großes Thema mehr 

Für Hurrelmann war die Coronapandemie entscheidend, dass der Klimawandel keine große Rolle mehr spielt, denn die beiden Hebel von Fridays for Future – Schulschwänzen und Demonstrieren – wurden hinfällig. Er bedauert dies, denn er sah die Chance auf gesellschaftliche Veränderungen. Zahlenmäßig waren mehr Menschen beteiligt als bei der 68er Generation. 

Kinder zu sehr in Watte gepackt 

Die Kinder der 68er haben laut Hurrelmann ihre Kinder zu sehr in Watte gepackt. Studien zeigen, dass die Hälfte der Eltern mit der Erziehung ihrer Kinder oft überfordert ist und ein Drittel sogar erschöpft und am Rande ihrer Möglichkeiten. Viele Eltern hinken den technischen Möglichkeiten ihrer Kinder hinterher und haben ihren eigenen Medienkonsum nicht im Griff. Folglich hält er auch für Verbote von sozialen Medien für kontraproduktiv. Besser wäre es, die Konzerne zu regulieren.

Generationen müssen im Dialog bleiben 

Er beklagt, dass ältere und jüngere Menschen immer weniger Bezugspunkte haben. Dabei wäre ein Dialog und die Akzeptanz wichtig, damit jeder seine Stärken einbringen kann. In Parteien, Vereinen und Kirchen ist das Durchschnittsalter hoch, junge Menschen diskutieren auf ihren digitalen Plattformen. Eine Wehrpflicht oder ein soziales Pflichtjahr befürwortet er nur, wenn alle in die Pflicht geworden, z.B. durch einen Pflichtdienst für Senioren. 

Die junge Generation verhält sich solidarisch

Hurrelmann betont, dass sich die junge Generation bereits solidarisch verhält. Während der Coronapandemie wurden sie als Letzte geimpft und schulen waren lange geschlossen. Sie tragen das Rentensystem und müssen immense Schuldenberge abbauen: Die Jungen leisten viel – auch wenn die Alten gern auf sie schimpfen.  Er fordert einen flexibleren Renteneintritt. Warum sollen Menschen mit 65 plötzlich nur noch Privat- und Urlaubsmenschen sein? Er selbst hat nun mit 81 Jahren ein Buch über die Jugend geschrieben und versucht den Kontakt zu jüngeren Menschen zu halten. 

Junge Menschen haben ein gutes Gespür 

Hurrelmann bestreitet, dass jungen Menschen nicht mehr leistungsbereit sind. Sie blicken auf die gestressten Eltern, die dem Beruf alles untergeordnet haben, oft auch die eigene Gesundheit. Daher hält es für verständlich, dass sie andere Schwerpunkte setzen. Er lobt die Klimabewegung, die viel bewegt hat und kritisiert den Rechtsruck, auch wenn er die Ursachen herleiten kann. 
An seiner eigenen Generation kritisiert er, dass sie die Lebensleistung der Nachkriegsgeneration nicht ausreichend anerkannt hat, da diese unter katastrophalen Bedingungen ihren Alltag gemeistert haben.